Foto: Hirtenberger Engineered Surfaces

3D-Metalldruck – Produkte neu denken


Die additive Fertigung ist eine der wichtigsten Zukunftstechnologien der Branche. Darüber sind sich die Betriebe der Metalltechnischen Industrie NÖ (MTI) einig. Forschungsunternehmen wie die FOTEC oder Schulen wie die LBS Neunkirchen unterrichten Mitarbeiter und Lehrlinge auf diesem Gebiet. Betriebe wie Hirtenberger Engineered Surfaces spezialisieren sich auf die Oberflächennachbehandlung. Mit dem 3D-Druck etabliert sich ein komplementäres Fertigungsverfahren in nahezu allen Branchen.

Schicht für Schicht wird das Material aufgetragen. Das dreidimensionale Werkstück entsteht. Der schichtweise Aufbau erfolgt computergesteuert nach vorgegebenen Maßen und Formen. Dabei finden physikalische oder chemische Härtungs- und Schmelzprozesse der festen oder flüssigen Werkstoffe – meist Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken oder Metalle – statt. Für das formende Verfahren sind keine speziellen Werkzeuge erforderlich. Die knapp 20 Teilnehmer des ganztägigen Workshops zum Thema „Einstieg in den industriellen 3D-Druck in der Metalltechnischen Industrie (MTI)“ bei der FOTEC zeigen sich begeistert.

Seit 2010 werden bei der FOTEC, dem Forschungsunternehmen der FH Wiener Neustadt, Prototypen und Funktionsbauteile mit Hilfe des Laserstrahlschmelzverfahrens gefertigt. Das moderne Labor mit 3D-Druck-Fertigung von Metallen und Kunststoffen, einem Wärmebehandlungsofen für metallische Bauteile sowie einer Hirtisieranlage zur automatischen Entfernung von Stützstrukturen und zur Glättung von Oberflächen steht allen niederösterreichischen Unternehmen der produzierenden Wirtschaft für Testproduktionen zur Verfügung.

„Mit der additiven Fertigung ist die Realisierung von Geometrien und Funktionen möglich, welche mit Hilfe der konventionellen Fertigungsverfahren überhaupt nicht oder nur sehr aufwändig realisierbar wären. Zudem lassen sich mehrere einzelne Bauteile in einem monolithischen Bauteil zusammenfassen, ohne dass nachträglich geschraubt oder geschweißt werden muss“, kennt FOTEC-Geschäftsführer Helmut Loibl die Vorteile. Das bringe neben einer Zeitersparnis auch eine Gewichtsreduktion so der Geschäftsführer weiter. Als Vorreiterbranche sieht er neben der Luftfahrt vor allem die Medizintechnik.

Zukunftstechnologie 3D-Druck

„Die Anwendungsbereiche des 3D-Drucks werden immer breiter und werden in den nächsten Jahren aus der Produktion nicht mehr wegzudenken sein“, zeigt sich der Obmann der Fachgruppe Metalltechnische Industrie NÖ, Veit Schmid-Schmidsfelden, überzeugt. Er zitiert internationale Studien, in denen das 3D-Drucken zu den zehn vielversprechendsten Technologien weltweit zählt und sich gerade in nahezu allen Branchen etabliert.

Auch deshalb fördert die Metalltechnische Industrie NÖ diese Zukunftstechnologie, indem sie beispielsweise das Forschungsinstitut in Wiener Neustadt kofinanziert. Schließlich werden bereits jetzt 3D-Drucker in der Industrie, im Modellbau und der Forschung zur Fertigung von Prototypen, Werkzeugen oder Endprodukten umfassend eingesetzt.

„Diese Technologie schafft neue Möglichkeiten in einer Komplexität und Formgebung, die mit anderen Technologien nicht machbar ist. In der konkreten Anwendung können wir schon heute an Ersatzteile, Kleinserien, Prototypen und an den Werkzeugbau denken. Ich kann nur jedem Unternehmen empfehlen, sich das Spektrum genau anzusehen“, verdeutlicht Obmann Schmid-Schmidsfelden.

LBS Neunkirchen unterrichtet 3D-Druckverfahren

In der Landesberufsschule Neunkirchen befindet sich derzeit der einzige 3D-Metalldrucker im schulischen Bereich in Österreich, „wahrscheinlich der einzige in ganz Europa“, wie Direktor Franz Mayer anmerkt. Auch er findet, dass es eben wichtig sei die Schüler herauszufordern und ihnen im Rahmen des Unterrichts neue Technologien zu zeigen.

„Das 3D-Druckverfahren erfordert ganz andere Ansätze beispielsweise bereits in der Konstruktion. Denn während früher Kanülen für die Automobilindustrie oder die Raumfahrt kompliziert ausgefräst oder ausgebohrt werden mussten, werden diese heute einfach mitgedruckt. So gesehen ergibt das viel größere Designfreiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten der Bauteile“, skizziert Direktor Mayer die technische Entwicklung.

Der Landesberufsschulleiter sorgt mit seinem Lehrerteam im südlichen Niederösterreich für jährlich fast 1.300 technische Spezialisten für die metalltechnischen Berufe, die in der ganzen Welt gesucht werden. Durch die Möglichkeit, den Schülern die neue Technologie näher zu bringen, erkennt er einen Multiplikator-Effekt. Direktor Mayer: „Wir schicken bestens ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Industrie, denn sie wissen, es gibt diese Technologie und können sie beispielsweise im Werkzeugbau sofort anwenden.“

‚Hirtisieren‘ für die Oberflächennachbehandlung

„Beim 3D-Druck wird das Post-Processing meist noch außer Acht gelassen, auch wenn es rund 35 Prozent der Gesamtkosten von gedruckten Bauteilen ausmacht. Oftmals sind auf den Bauteilen noch Reste von Pulver vorhanden, die Stützstrukturen müssen entfernt werden und die Oberflächenrauigkeit ist noch sehr hoch. Dagegen hilft unsere vollautomatische chemisch – elektrochemische Behandlung“, erklärt Wolfgang Hansal, Managing Director der Hirtenberger Engineered Surfaces GmbH.

Für die Oberflächennachbehandlung von 3D-gedruckten Metallteilen entwickelte das Unternehmen mit Sitz in Hirtenberg eine neue Technologiemethode – das Hirtisieren®. Über vollautomatisierte Finishing-Module werden unterschiedlichste Teile für die Kunden der produzierenden Industrie veredelt. Bisher gehen rund 95 Prozent aller Teile in den Export und Aufträge aus Neuseeland oder Japan sind keine Seltenheit.

Hohe Anforderungen an Mitarbeiter und technische Einrichtungen

Trotz der enormen Aufwendungen sieht der Techniker Hansal den 3D-Druck als Zukunftsmarkt mit dem Vorteil einer schnellen Verfügbarkeit der Bauteile. Während früher Gußformen jahrelang gelagert werden mussten, ließen sich heute Ersatzteile sehr rasch und individuell sowie in jeder Größenordnung herstellen.

Obmann Veit Schmid-Schmidsfelden stellt den Betrieben der Metalltechnischen Industrie NÖ ein sehr gutes Zeugnis bezüglich ihrer Fortschrittlichkeit aus. Sein Blick richtet sich ganz klar auf die künftige Wettbewerbsfähigkeit und er motiviert: „Mitarbeiter müssen sich neues Wissen in der Konstruktionslehre, Materialkunde und in der Fertigung aufbauen. Wenn unsere Produktionsunternehmen von dieser Technologie profitieren wollen, dann müssen unsere Mitarbeiter bereit sein, ihre Produkte vollkommen neu zu denken.“

www.fotec.at
www.lbsneunkirchen.ac.at
www.hes.hirtenberger.com


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